Meine Damen und Herren, im Namen des Vorstandes des Vereins Initiative Solidarische Welt e.V., begrüße ich Sie ganz herzlich zur heutigen Veranstaltung.
Unser Verein ist den meisten Menschen in Marburg als Weltladen bekannt. In der Tat ist der Laden ein wesentlicher Teil unserer Arbeit. Hier vertreiben zig ehrenamtliche Helferinnen und Helfer fair gehandelte Produkte aus aller Welt. Sie verfolgen damit das Ziel, den Gedanken des Fairen Handels, der sich u.a. durch größtmögliche Transparenz, dauerhafte Handelsbeziehungen und faire Entlohnung der Handelspartner auszeichnet, in das Bewußtsein der Menschen zu bringen.
Daneben widmen wir uns aber auch der schulischen und außerschulischen Bildungsarbeit zu entwicklungspolitischen Themen, organisieren Veranstaltungsreihen, mit interessanten Gästen aus aller Welt, betreiben und unterhalten eine Informationsbibliothek, die häufig und gerne auch von Studenten genutzt wird. Wir organisieren Ausstellungen, die in dem Informationszentrum am Markt 7, einem Nebenraum des Ladens, zu besichtigen sind und organisieren Austauschprojekte mit Mittelamerika.
Meine Damen und Herren, in diesem Jahr 2007 wird vieles über Elisabeth von Thüringen gesagt und geschrieben. Die Menschen setzen sich in unterschiedlicher Art und Weise mit dieser Gestalt auseinander. Häufig werden Ihre Wohltaten betont und ihre sozialen Verdienste gelobt, wie ihre für die damalige Zeit nahezu revolutionäre Idee, dass die wohlhabende Klasse eine Verantwortung für die sozial benachteiligten Schichten hat.
Für uns war insbesondere eine Idee Elisabeths von Bedeutung, die nicht allein Ausdruck von Mildtätigkeit, sondern von der Notwendigkeit gerechter Entlohnung ist. Elisabeths Speisegesetz hat zu diesem Projekt inspiriert, wonach sie, den Überlieferungen zufolge, betonte, keinerlei Produkte konsumieren zu wollen, die aus den Bauern herausgepresst wurden.
Jeder kennt ja die Widersprüche in den Debatten. Man diskutiert über fairen Handel und gerechte Entlohnung und findet das Gesagte gut und wichtig und anschließend sieht man im privaten Umfeld wie auch in den öffentlichen Einrichtungen, bei Empfängen, in Schulen und an der Universität, das konventionelle Ware konsumiert und angeboten wird. Da fehlt der fair gehandelte ökologische Orangensaft, Kaffe, Plätzchen oder ähnliches.
In einer aktuellen Veröffentlichung weist das kirchliche Forschungsinstitut „Südwind“ auf die Herstellungsprozesse der Aldi-Textilprodukte in den Ursprungsländern China und Indonesien hin. Da ist von 7 Tage Wochen, die Rede, die Näherinnen arbeiten bis zu 336 Stunden im Monat, erhalten häufig nicht mal ein Drittel des in China festgelegten gesetzlichen Mindestlohns von 45 bis 65 Euro pro Woche. Es ist von Druckmitteln die Rede, um die Näherinnen bei der Stange zu halten und ihnen eine Kündigung unmöglich zu machen, wie die Methode, den Lohn nur mit erheblichen Verzögerungen auszuzahlen, was dazu führt, dass, sollte eine Frau einfach abhauen, sie 20 bis 50 Tage umsonst geschuftet hat!
Meine Damen und Herren, es sind nicht vor allem die sozial Schwachen in unserer Bevölkerung, die diese Produkte kaufen. 85 % der Deutschen, zu denen überwiegend Besserverdienende gehören, kaufen diese Produkte zumindest gelegentlich und machen damit Aldi zum achtgrößten Textilunternehmer. Sie alle kennen die Bekenntnisse gegen Lohndumping und soziale Ausbeutung in öffentlichen wie privaten Diskussionen. Bei der realen Kaufentscheidung spielen diese Überlegungen dann aber offenbar keine Rolle mehr.
Zurück zu Elisabeth von Thüringen: Auf den Gedanken, der ihrem Speisegesetz zugrunde liegt, weisen wir mit einem Produkt hin, das gewährleistet, dass die Produktionsprozesse transparent sind. Wir stellen sicher, dass die an der Produktion beteiligten Menschen einen fairen Lohn erhalten und durch dauerhafte Handelsbeziehungen eine gewisse Sicherheit haben, ihren Lebensunterhalt über einen Zeitraum verdienen zu können. Nicht die Mildtätigkeit, nicht die Spenden Elisabeths, sondern ihr Ruf nach fairer Entlohnung liegen unserem Kaffee-Projekt zugrunde.
Vor diesem Hintergrund bedanke ich mich bei den Paten, dass Sie dieses Projekt unterstützen. Ich bedanke mich bei den Kirchen, die das Elisabeth-Logo zur Verfügung stellten und bei den Vertretern der Politik, die sich mit Ihrer Unterstützung positionieren und zeigen, dass auf politischer Seite die Notwendigkeit für ein Eintreten für faire Handelsbeziehungen und gerechte Entlohnung erkannt wurde. Ich verbinde mit meinem Dank die Hoffnung, dass das Projekt die Anwesenden, aber auch die Bevölkerung sensibel für dieses Thema macht.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!