Besuch in Honduras 2015/2016

Im Winter 2012/13 besuchte zuletzt eine kleine Gruppe des Marburger Weltladens unseren damaligen Projektpartner des Elisabeth-Kaffees, Comucap, in Marcala. Bei dieser Reise standen nun große Veränderungen an!

Eine Gruppe ehemaliger Comucap-Frauen hat eine neue Frauenorganisation gegründet, die APROLMA (Asociación de productoras libres de Marcala) heißt und inzwischen den Kaffee anbaut, den wir für unseren Partnerschaftsprojekt, den Elisabeth-Kaffee erhalten.

So fuhren wir sehr gespannt Ende Dezember nach Honduras. Freude und Skepsis waren gleichermaßen mit dabei, als wir in Marcala ankamen, denn einerseits kannten wir viele Frauen, die nun bei Aprolma sind und uns zum Teil schon in Marburg besucht hatten, aber auch bei Comucap sind einige Frauen geblieben, die wir schon kennengelernt haben.

Kaum in unserem Hotel angekommen wurden wir angerufen, ob wir abends gemeinsam Essen gehen wollten. Wollten wir! Und so begann unser sehr intensiver Besuch mit einem guten Essen im Restaurant von René, inzwischen auch schon ein guter Bekannter, bei dem wir bei unseren vorherigen Besuchen schon häufiger gegessen hatten.

Die herzliche Begrüßung an diesem Abend vertrieb sofort unsere Skepsis. Gleich wurde das von den Frauen geplante Programm besprochen, und wir merkten sehr schnell, dass uns in der kommenden Woche nicht langweilig werden würde.

Gleich für den nächsten Tag hatten sie die Frauen von Aprolma zu einer Versammlung eingeladen. Die Versammlung fand in der angemieteten Weiterverarbeitungsanlage statt, die auch einen größeren Versammlungsraum hatte.

Folie01Gladix, die Präsidentin von Aprolma, begrüßte zunächst alle, bevor der Vorstand die Tagesordnung vorstellte. Wir als Gäste bekamen zunächst das Wort, bevor Frauen von Aprolma uns sehr eindrücklich die Geschichte von Aprolma mit dem Geleisteten, aber auch den Widrigkeiten ihrer Entstehung und der bisherigen Entwicklung erzählten. Uns wurde gleich klar, wie viel diese Frauen inzwischen erreicht haben, um ihre Organisation und damit ihre Lebensgrundlagen zu sichern.

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Folie04Nach der Verabschiedung von den Frauen zeigten uns Walter, Gladix und Nidia die Kaffee-Weiterverarbeitungsanlage, die sie von einer anderen Kooperative gemietet haben. Es handelt sich um eine imposante Anlage, die zwar viel größer als die von Comucap ist, aber deshalb auch sehr teuer zu mieten ist.

Uns wurde gleich versichert, das es eine Zwischenlösung sei und Aprolma gerne eine eigene Anlage bauen möchte, die sich an den Bedürfnissen und der Produktionsmenge von Aprolma orientiert.

Abends kehrten wir zum Jahresabschluss-Grillen hierher zurück. Die Frauen hatten die Angestellten (allesamt männlich), die in der Weiterverarbeitungsanlage arbeiten, zum Essen eingeladen. Für uns war es ein sehr spannendes Erlebnis, da die Frauen alles organisierten und die Männer eher zurückhaltend waren – für honduranische Verhältnis schon ungewöhnlich. Gladix erzählte uns stolz, dass die Angestellten, die größtenteils auch Verwandte von Socias (Mitgliedern) von Aprolma sind, über den Mindestlohn hinaus bezahlt werden. Mit guten Wünschen für das neue Jahr und einem Paket Kaffee unter dem Arm verabschiedeten wir uns von allen.

Folie05Am nächsten Morgen, es war Neujahr, wollten wir Doña Edith, die uns zuletzt 2012 in Marburg besucht hatte und bei der Organisation Comucap geblieben ist, besuchen. Und welch Überraschung, auf dem Weg zu Ediths Haus begegnete uns ein Pick-up, vollbeladen mit Ediths großer Familie. Sie wollten einen Ausflug an einen schönen nahegelegenen Fluss machen, und da auf der Ladefläche nur 10 Enkelkinder von Edith saßen, gab es auf die Einladung sie zu begleiten keinen Grund dies abzulehnen. Ob 10 oder 14 Personen auf der Ladefläche des Pick-Up, das spielt doch wirklich keine Rolle. Baden , eine Wanderung zu einer Höhle, freundlich ausgelassene Gespräche, die Zeit verflog im Nu.

Am nächsten Tag hatte Dalila, inzwischen eine gute Freundin von uns, Geburtstag. Zunächst wollte sie uns die Veränderungen in ihrem Leben zeigen. Sie hat nun eine Kaffee-Finca ganz in der Nähe ihres Elternhauses und es war Erntezeit.

Als wir zu ihr kamen war sie gerade dabei Tortillas für die Mittagspause vorzubereiten. Folie06Bepackt mit allerlei Verpflegung liefen wir unwegsame Wege zu ihrer Finca. Ihr Vater, ihr Bruder und eine Tante mit ihrem Sohn waren bei der Kaffeeernte. Während Dalilas Familie zu Mittag aß, wollten wir die über und über mit reifen Kaffeekirschen behangenen Sträucher weiter abernten. Also einen Korb geschnappt, Ärmel hoch gekrämpelt und los ging es. Nach kurzer Zeit merkten wir wie anstrengend so eine Kaffeeernte ist und wie schwer gefüllte Kaffeesäcke sein können! Die Säcke müssen bis zu einem Platz getragen werden, wo sie von einem Auto abgeholt werden können, das den Kaffee zur Weiterverarbeitungsanlage transportiert.

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Eine kleine Weiterverarbeitungsanlage ist am Haus ihres Vaters neu gebaut worden.

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Am Abend dann war Dalila und ihre Familie mit der Ernte sehr zufrieden. Antonio, Dalilas Vater, erzählte uns dabei, dass er dieses Jahr eine sehr gute Ernte erwarte, nachdem die beiden letzten Jahre wegen der roya (einem Pilzbefall) deutlich schlechter ausgefallen sind.

Nach der Arbeit gab es dann ein sehr üppiges Geburtstagsessen für Dalila, das ihre Schwestern vorbereitet hatten. Gerührt aber auch erschlagen von den vielen Erlebnisse kehrten wir spät abends in unser Hotel zurück. Nur kurz saßen wir noch auf unserem Balkon, um den Tag revue passieren zu lassen.

Am nächsten Morgen holte uns Walter ab. Eine Finca-Rundfahrt stand auf dem Programm. Kreuz und quer ging es über unwegsame Wege durch die Berge um Marcala, um vier verschiedene Fincas zu besuchen.

Zuerst besuchten wir Irma, die als einzige Frau von Aprolma ihre Finca in Marcala hat (Foto unten links). Nach langer, holpriger Fahrt erreichten wir die Finca von Yamileth, die weit oben in den Bergen liegt. In ihrer großen Finca wächst nicht nur Kaffee, sondern auch allerlei verschiedene Obst- und Gemüsesorten (Foto unten rechts).

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Folie13Besonders beeindruckt waren wir dann von der Finca von María-Urquía, die ihre Kaffeesträucher innerhalb von drei Jahren vollständig erneuert hatte. Der Pilzbefall (roya) hatte bei ihr besonderen Schaden angerichtet, so dass sie sich entschieden hatte, jedes Jahr ein Drittel ihrer Sträucher zu erneuern. Sie war nun wieder sehr zuversichtlich über den Zustand und der zu erwartenden Ernte ihrer Finca.

Folie14Als letztes besuchten wir Josefina und ihre Eltern, die neu zu Aprolma gekommen ist und gerade mit dem Kaffeeanbau begonnen hat.

Bei allen Fincas konnten wir Veränderungen in der Bewirtschaftung feststellen. Gab es bisher auf den Fincas neben den Kaffeepflanzen noch Schattenbäume (unter anderem Orangen, weitere Zitrusbäume und Bananenstauden), wird nun integral angebaut, das heißt zwischen den Kaffeepflanzen und Schattenbäumen wurde auch Gemüse wie Broccoli, Kohl und Mais gepflanzt. Folie15

Auf der Fahrt fiel uns auf, dass am Straßenrand keine „Coyoten“, wie die Zwischenhändler genannt werden, die den Kaffee aufkaufen, stehen. Unsere Begleiter von Aprolma erklärten uns, dass die Kaffeeproduzentinnen und -produzenten sich zunehmend in Gruppen organisieren und ihren Kaffee selbst vermarkten können.

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Die Rundfahrt endete an der Weiterverarbeitungsanlage „La victoria“. Diese kleine Anlage, die in anderer Richtung außerhalb von Marcala liegt als die gemietete Anlage Choacapa, gehört Aprolma – ihre Kapazität reicht aber bei Weitem nicht aus, um den gesamten Kaffee von Aprolma weiterzuverarbeiten. Auch das Grundstück gehört nicht Aprolma, sondern wurde von einer Socia zur Verfügung gestellt.

Nachdem Heydi, die 2009 in Marburg war, uns bei Dalilas Geburtstag eingeladen hatte, die kleine Organisation Mujale (Mujeres emprendedoras al éxito) zu besuchen, fuhren wir am letzten Tag nach Chinacla, wo Mujale ein Haus gemietet hat, das als Produktionsanlage genutzt wird. Dort werden Aloe Vera zu Seife und Creme, sowie Obst wie Brombeeren und Orangen zu Saft, Marmelade und Wein weiterverarbeitet. Dalila ist die Vorsitzende der Organisation, 14 Familien beteiligen sich an der Produktion. Der Bürgermeister von Chinacla, Rigoberto Hernández, kam trotz einer Sitzung zur Begrüßung vorbei. Er berichtete, dass Mujale die erste Frauenorganisation in Chinacla sei und er stolz auf ihre Arbeit sei.

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Nach gut einer Woche verabschiedeten wir uns beeindruckt von den vielen Erlebnissen und Begegnungen mit Frauen unserer Partnerorganisation Aprolma und Walter, der uns zu allen Terminen und Besichtigungen gefahren und begleitet hat.Folie19

Die Partnerschaft wird durch einen Besuch von zwei Frauen in Marburg im Sommer 2016 fortgesetzt werden!

Ekki Seiffert und Elena Scholl