Bericht von Ermenegilda García

Nun, wenn man jung ist fällt es einem vielleicht nicht so auf, aber heute empfinde ich, dass meine Kindheit sehr hart war. Meine Mutter hatte hier in „Bailadero“ ein Haus und ging zur Arbeit nach Cabañas. Uns ließ sie eingeschlossen zuhause. Ich passte auf die kleineren Geschwister auf. Ja, wir litten. Meine Mutter wurde früh Witwe, und wir waren sechs Kinder.
Ich gründete meine Familie mit 32 Jahren. Mit 33 Jahren bekam ich das erste Kind. In einer Familie sollte immer das Essen für alle vorhanden sein. Die Kinder sollten gesund sein und arbeiten können. Ich sorge für ihr Essen und dass sie satt zur Arbeit gehen können.

Ermenegilda mit ihren KindernHier gibt es nur Arbeit in der Landwirtschaft und für die Kinder die Schule. Es gefällt mir nicht, wenn sie herumlungern. Wir haben keinen Fernseher. Es gibt wenig Abwechslung. Ich wäre sehr zufrieden, wenn eines meiner Kinder einen Beruf erlernen würde. Das ist mein Ziel und ich hoffe, dass Gott uns gesund erhalte, um diesem Ziel näher zu kommen. Vielleicht haben sogar alle meine Kinder eine Chance, denn mein Ältester ist fünfzehn und sagt, wenn er einen Arbeitsplatz bekomme, werde er den anderen Geschwistern helfen. Er lernt noch an einem Kollege, und ich bin sehr froh darüber, denn ich sehe ja, dass die Lehrer gut unterrichten. Ich erhoffe, dass meine Kinder gute Bürger werden.

Heute sehe ich die Notwendigkeit, sehr umsichtig mit dem bisschen, das ich besitze umzugehen. Mein Bruder überließ mir ein Stückchen Land und ich war glücklich, denn damit hatte ich ein Auskommen.

Ermenegilda im AnbaulandFür das Land, das ich bearbeite habe ich einen Besitztitel, von dem Moment an, als mein Bruder und meine Mutter es mir überschrieben. Das ist wichtig. Aber das Land reicht nicht aus für unsere ganze Familie. Vielleicht werden meine Kinder hier keine Zukunft haben. Es kann sein, dass sie weggehen. Uns Müttern fällt es ehr schwer daran zu denken, weil wir unsere Kinder sehr lieben und sie in unserer Nähe haben möchten.

Ermenegilda mit ihrem SohnIch habe nur wenige Nachbarn, doch die schätze ich sehr. Sie sind gut zu mir und unterstützten mich, wenn ich sie brauche. Hier gibt es keine unehrlichen oder frechen Leute.
Ich habe Gewalt in der Familie kennen gelernt. Mein Mann war gewalttätig, so dass ich die meiste Zeit außer Haus verbracht habe. Heute bin ich allein erziehende Mutter von sechs Kindern.

HausWenn man die Möglichkeit hat, sich mit anderen Frauen zu treffen, wird man gleich zufriedener, lernt Menschen kennen und schließt Freundschaften. Ganz allein auf sich gestellt, das ist hier nicht einfach. Wenn wir nur bessere Wege und eine Möglichkeit hätten, zu telefonieren!
Ich bin nie zur Schule gegangen. Aber mir bleibt einiges im Kopf, was ich so lerne. Ich habe in COMUCAP gelernt, organischen Dünger herzustellen. Es wäre schön, wenn die Organisation mir auch helfen könnte, eine Umfassung dafür zu bauen, oder ein einfaches Bewässerungssystem, das uns über die sechsmonatige Trockenzeit hinweg helfen würde.

Neugepflanzter KaffeepflanzeWir bemühen uns, Kaffee anzubauen. Den organischen Anbau haben wir durch COMUCAP gelernt. Ich komme nicht aus einer Kaffeepflanzer-Familie. In unserer Zone ist der Kaffee eine neue Kultur. Ich mache das erst seit kurzem und habe 3.000 Ertrag bringende Pflanzen. Das bringt mir 15 Zentner Kaffee-Kirschen ein. Natürlich müssen wir Krankheiten und Schädlinge bekämpfen. Auch muss man den reifen geernteten Kaffee sehr schnell wegbringen, denn er verdirbt. Wir leben hier sehr weit abseits und der Transport ist ein Problem für uns. Ich muss den Kaffee auf Lasttieren nach Cabañas bringen. Besser wäre es, wenn wir all die Ernte hier direkt trocknen und ihn hier weiter verarbeiten könnten. Mir gefällt der Kaffeeanbau sehr. Die Nachbarn haben auch alle damit begonnen, wegen des Preises, und besonders der organischer Kaffee erzielt einen guten Preis.Nun, durch die Exportmöglichkeiten, von COMUCAP erwarten wir ein besseren Ertrag. Wir haben keine Rücklagen und brauchen das Geld aus dem Kaffeeverkauf sofort. Die Wartezeiten bringen mich manchmal zur Verzweiflung, weil ich für die sechs Kinder sorgen muss. Aber COMUCAP gibt einen Vorschuss und später wird der Rest bezahlt. Für dieses Jahr kenne ich die Preise noch nicht. Im letzten Jahr hat man 400 Lempiras (ca. 17€) für einen Zentner bezahlt. Das ist ein durchschnittlicher Preis. Ich sage durchschnittlich, weil es schon sehr viel Arbeit macht, die Kaffeeplantage organisch zu betreiben. Das Düngen ein- bis zweimal im Jahr zum Beispiel. Dann muss ich 3 mal im Jahr Unkraut hauen. Ein Fachmann hat uns gezeigt wie man die Anzucht macht und wie man Pilze bekämpft. Die Leute von der Zertifizierung haben sich angekündigt, waren bisher aber noch nicht hier. Alle Kinder sind in die Arbeit integriert.

Ermenegilda beim Kaffee AufgussDen Kaffee minderer Qualität behalte ich zum eigenen Verbrauch. Ich lasse ihn in der Schale trocknen. Er heißt dann „Guacuco“ und hat ein starkes Aroma nach „Pulpe“ (Schale und Fruchtfleisch). Ich trinke meinen „cafecito“ gern extra stark und mit viel Zucker.

Ermenegilda in der FincaWenn ich mich schlafen lege, mache ich mir Gedanken über den nächsten Tag und teile mir die anfallenden Arbeiten ein. Manchmal gilt es, im Morgengrauen um 3 Uhr auf aufzustehen, um das Essen für alle vorzubereiten, die Tortillas zu backen. Ich mach den Ofen sauber, reinige das Haus, bereite den Mais vor und dann gehen wir zur Arbeit. Um 20 Uhr gehen wir müde zu Bett. Die Arbeit auf der „finca“ (Kaffee-Plantage) ist schwer für eine Frau, das ist wohl wahr, aber man kann alles lernen.
Wenn ich morgens aufstehe, spreche ich meine Gebete, sage Gott Dank und ich bitte ihn, dass er mich erleuchten möge und er es sei, der mich an diesem Tag in meinen Arbeiten leitet.