Frauenrechte & Bio-Kaffee
„Independencia – Unabhängigkeit“ antwortet Suyapa kurz und bündig auf unsere Frage, was ihr persönlich die Mitgliedschaft bei COMUCAP gebracht habe. Wir wollen es natürlich genauer wissen: Unabhängigkeit – in welchem Sinn? Suyapa erzählt uns von den Workshops über Frauenrechte, die sie bei COMUCAP gemacht hat: „Die workshops haben mein Selbstbewusstsein gestärkt. Ich weiß jetzt, welche Rechte ich als Frau habe und lasse mir nicht mehr alles gefallen.“ Dann berichtet Suyapa von den Einkünften, die sie gemeinsam mit den anderen Frauen aus dem Anbau von Kaffee und anderen Bioprodukten erzielen kann – bescheidene, aber sichere Einkünfte, die sie finanziell unabhängig von ihren Lebenspartnern gemacht haben.
Die Geschichte von Suyapa ist die Geschichte von COMUCAP. Am Anfang – das heißt vor gut 15 Jahren – war die politische Arbeit, der Einsatz für die Frauenrechte, zunächst innerhalb der katholischen Kirche, dann nach gewissen Konflikten über die Politisierung der Arbeit unabhängig und außerhalb der Kirche: Bildungsarbeit, Bewusstseinsarbeit („concientización“), was den Schutz von Frauen einschloss, die von häuslicher Gewalt betroffen und bedroht waren. Erst Jahre später kam der Biolandbau dazu – aus der Erkenntnis und Notwendigkeit heraus, dass Armut und Abhängigkeit nur mit einer eigenständigen ökonomischen Basis überwunden werden können. „Und dann haben wir den ersten Hektar Land gekauft …“, erinnert sich Dulce Marlen Contreras, die Koordinatorin von COMUCAP – und betont zugleich, dass auch heute noch die politischen Prioritäten von „damals“ gelten: zuerst die Verteidigung der Frauenrechte, dann – der politischen Arbeit zugeordnet – der Anbau und die Vermarktung organischer Produkte. Dass der Kaffee unter den Bioprodukten von COMUCAP eine zentrale Rolle einnimmt, liegt schlicht und einfach daran, dass Marcala zu den traditionellen und besten Kaffeeregionen von Honduras gehört.
Und so gehören heute 256 Frauen zu COMUCAP, die sich in 16 Basis-Frauengruppen organisiert haben, verteilt über vier Kleinstädte um das Provinzstädtchen Marcala herum. Fünf der Basisgruppen haben sich als eigenständige Produktionskooperativen konstituiert und bauen vor allem Soya, Aloe Vera und Gemüse an. Der Biokaffee wird auf einem Gelände in Kollektivbesitz angebaut, das die Frauen mit internationaler Unterstützung erwerben konnten: 40 Frauen sind hier beschäftigt. Die Gewinne aus dem Fairen Kaffee-Handel kommen allen Mitgliedern von COMUCAP zugute.
Was hat der Faire Handel den Frauen von COMUCAP konkret gebracht? Vermutlich besteht das einfachste und wichtigste Ergebnis zugleich darin, dass auf den Feldern von COMUCAP überhaupt noch Kaffee angebaut wird! In den Jahren der Kaffeekrise ab 2001 stürzte der Weltmarktpreis für Kaffee so tief in den Keller, dass in vielen Regionen in Honduras, aber auch in anderen Kaffeeexportländern, die Felder nicht mehr bestellt wurden, weil der zu erzielende Preis die Produktionskosten nicht mehr deckte. Auch Suyapa und Dulce Marlen erzählen uns, dass in dieser Zeit auf manchen benachbarten Ländereien die Kaffeefrüchte an den Sträuchern verfaulten, weil sich das Pflücken nicht mehr lohnte! Die Frauen von COMUCAP hingegen konnten sich auch in den Zeiten der Krise auf den konstanten und deutlich über dem Weltmarktniveau liegenden Preis sowie auf die verabredete Abnahmemenge verlassen, das heißt auch in den Zeiten der Krise konnten sie ihre Felder bestellen und die Früchte ihrer Arbeit ernten. Die Gewinne aus dem Fairen Handel kamen und kommen der Kooperative als ganzer zu gute und werden in neue Projekte investiert: in den Kauf von moderneren Geräten zur Kaffeeverarbeitung, aber auch in den Kauf von neuem Land, damit noch mehr Frauen ihre Unabhängigkeit durch eigenes Einkommen aus eigener Arbeit stärken können.
April 2007: Trinidad Castro & Bernd Kappes