Grußwort zur Präsentation des Elisabethkaffees am 10. Mai 2007 im Rathaus Marburg; Dekan Helmut Wöllenstein.
Meine sehr verehrten Damen und Herrn,
zunächst möchte ich Sie alle sehr herzlich grüßen im Auftrag und im Namen unseres Bischofs, Prof. Dr. Martin Hein. Er ist einer der Paten des Projektes und sichert der Initiative heute noch einmal ausdrücklich seine Unterstützung zu.
Darf ein Kaffee „Elisabeth Kaffee“ heißen? – Vor etwa einem Jahr haben wir zusammen an dieser Frage herum gekniffelt. Dient es unserer Sache? Oder gebietet es der Respekt vor der Heiligen, dass man darauf verzichtet, sie direkt mit einem Alltagsprodukt in Verbindung zu bringen, ihren Namen zu einer Marke zu machen?
Wenn wir sie selbst fragen könnten – Was würde sie antworten?
Ich stelle mir vor, sie würde eher lächeln… und dann doch mit spürbarem Ernst in der Stimme sagen: Wenn ihr mich schon für eine Heilige halten müsst, und wenn ihr versteht, worum es mir geht, dann ist es mir eine Ehre, mit meinem Namen Hilfe und Gerechtigkeit auf den Weg zu bringen. Und dann sei es euch eine Ehre, genau hinzuschauen und gut darauf zu achten, für welche Dinge Ihr meinen Namen braucht – und für welche Dinge ihr es besser sein lasst.
Wir erinnern uns daran, dass sie selbst eine kritische Verbraucherin war. Sie hat an der Tafel und generell an ihrem Hof darauf geachtet, woher ihre Speisen kamen. Sie hat verzichtet auf Dinge, die von verschuldeten, armen und hungernden Leibeigenen abgepresst waren. Ein Sachverhalt, der nach den damaligen Maßstäben im Feudalsystem, jedenfalls aus der Sicht einer Adeligen, eigentlich von ihr hätte akzeptiert werden können.
In diesem ungewöhnlichen Verhalten sehen wir eine Nähe Elisabeths zum Anliegen des fairen Handels. Wir sehen diese Nähe aber ebenso und noch viel deutlicher in der Grundgeste ihres Lebens, in der Zuwendung zu den Armen und Leidenden.
Doch wir müssen auch sagen, dass wir beim fairen Handel zwar in ihrem Sinne, aber im praktischen Vorgehen anders handeln als sie. Es geht uns nicht darum, Almosen zu geben, sondern gerechte Strukturen zu unterstützen. Es geht uns nicht allein um Barmherzigkeit, Hingabe, Opfer, Verzicht. Nicht um das gnädige Sich-Herunterbeugen eines reichen und mächtigen Partners zu einem armen und hilflosen. Unser Anliegen ist es, Menschen als Partner anzuerkennen. Diejenigen, die Kaffee anbauen, sollen bekommen, was ihnen zusteht. Darauf wollen wir hinarbeiten. Das heißt zunächst, Ihnen den Ausstieg aus der Abhängigkeit von dem für sie mörderischen Weltmarktsystem zu ermöglichen – und sie selbstständig werden zu lassen, unabhängig, eigeninitiativ. Mit einem garantierten Einkommen, das vielleicht zunächst klein ist, aber doch ihrer Würde entspricht. Und dieses Handeln darf kein stummes Handeln sein, sondern es bedarf der begleitenden politischen Arbeit, der Bewusstseinsarbeit, der Bildung, der Werbung. Hier bei uns und dort in den Anbauländern.
Ich freue mich, dass es ganz konkrete und persönliche Verbindungen gibt zwischen Marburg und Honduras. Etwa über Pfarrer Bernd Kappes und die kleinbäuerliche Fraueninitiative COMUCAP, die speziell den Elisabeth Kaffee liefert.
Ich freue mich auch, dass wir in dieser Sache zusammenarbeiten: Weltladen, Universitätsstadt Marburg, Katholiken und Protestanten. Wir haben verschieden Motive, rationale, humanitäre oder religiöse, aber wir machen uns zusammen auf einen Weg. Und es gibt viel zu tun. In einem Land, das erhebliche Anteile der Weltkaffeeernte verbraucht, 7 Kg Pro Kopf im Jahr – und nur zu wenigen Prozent ist es fair gehandelter Kaffee. Da gilt es für uns als private Verbraucher immer noch konsequenter zu werden. Ebenso in unseren öffentlichen Einrichtungen. Und damit komme ich auf die Marke zurück: Wer den Namen „Elisabeth“ auf seine Kaffeepäckchen druckt – der lässt sich auf eine gewisse Gewissenssache ein.